Jugendstrafrecht § Besonderheiten, Jugendgerichte & mehr
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Strafrechtinfo24 Redaktion
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- Das Jugendstrafrecht kann auf Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren sowie bei Heranwachsenden, die bereits 18, aber noch keine 21 Jahre alt sind, angewendet werden.
- Im Jugendstrafrecht steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund: Der junge Straftäter soll wieder auf die „rechte Bahn“ gebracht werden.
- Der große Unterschied zwischen dem „normalen“ Strafrecht und dem Jugendstrafrecht liegt insbesondere in den bestehenden Möglichkeiten zur Bestrafung.
- Neben den tatsächlichen Gefängnisstrafen gibt es mildere Sanktionen wie Auflagen, Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel.
- Verfahren gegen Jugendliche unter 18 finden immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit, also ohne zuschauer statt.
Rechtsgrundlage zum Jugendstrafrecht
Auch wenn es sich um einen jugendlichen oder heranwachsenden Täter handelt und das Jugendstrafrecht zur Anwendung kommt, richtet sich die Strafbarkeit selbst immer nach dem Strafgesetzbuch (StGB). Das bedeutet, dass sich die Definition einer Tat, also ob beispielsweise eine Körperverletzung, ein Betrug oder ein Verstoß gegen das BtMG vorliegt, für alle Altersgruppen nach den gleichen Maßstäben richtet.
Das Jugendstrafrecht ist ein Sonderstrafrecht für junge Täter. Grundsätzlich gelten dabei auch für Ermittlungs- und Strafverfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende die Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO), es sei denn, das Jugendgerichtsgesetz (JGG) oder allgemeine Grundsätze des Jugendgerichtsgesetzes sind vorrangig. Das Jugendgerichtsgesetz besteht aus insgesamt fünf Teilen, die in verschiedene Abschnitte gegliedert sind.
Der erste Teil befasst sich mit dem Anwendungsbereich, der zweite Teil beschäftigt sich mit den Jugendlichen selbst sowie ihrem Fehlverhalten und beinhaltet die Allgemeinen Vorschriften, Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und die Jugendstrafe. Auch die Jugendgerichtsverfassung und das Jugendstrafverfahren, die Verhängung und der Vollzug und weitere Punkte sind im zweiten Teil geregelt. Der dritte Teil des Jugendgerichtsgesetzes geht auf die Heranwachsenden ein. Die Vorschriften für Soldaten der Bundeswehr sind im vierten Teil festgehalten, der fünfte Teil beinhaltet die Schluß- und Übergangsvorschriften
Wann kommen Jugendstrafgesetze zum Einsatz?
Im Strafrecht gilt als jugendlich, wer zum Zeitpunkt der Tat bereits 14, aber noch keine 18 Jahre alt ist. Als Heranwachsender gelten jene Straftäter, die 18 oder älter sind. Ab dem Alter von 21 Jahren gelten die jungen Erwachsenen aber in der Regel nicht mehr als Heranwachsende. In dieser Altersgruppe kann entweder noch das Jugendstrafrecht oder schon das Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommen.
Das ist vom Einzelfall abhängig und richtet sich nach der Reife des Täter zur Tatzeit. Noch ausschlaggebender ist jedoch, ob er bei der konkreten Tat noch einem Jugendlichen gleichzustellen war, weil er beispielsweise eine jugendtypische Tat beging. Als jugendtypisch können zum Beispiel Diebstahl, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Raubstraftaten und allgemein Gewaltstraftaten bzw. Gewaltkriminalität gesehen werden.
Ein guter Rechtsanwalt bzw. Strafverteidiger wird in der Regel darauf abzielen, dass das Jugendstrafrecht angewendet wird. Das Jugendstrafrecht kann nicht bei Kindern angewendet werden, die bei der Begehung noch nicht 14 Jahre alt sind bzw. waren. Diese sind nach § 19 StGB schuldunfähig. Für diese kommen Maßnahmen des Familiengerichts nach den §§ 1631 Abs. 3, 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) in Betracht.
Besonderheiten des Jugendstrafrechts
Der große Unterschied zwischen dem „normalen“ Strafrecht und dem Jugendstrafrecht liegt im Ablauf der Verfahren und insbesondere in den dabei herauskommenden Strafen: Während das Erwachsenenstrafrecht darauf abzielt die Tat bzw. das Begehen dieser zu sanktionieren, steht beim Jugendstrafrecht die Erziehung und das förderliche Einwirken auf den Straftäter im Vordergrund.
Das heißt, der junge Täter soll vor allem davon abgehalten werden, in Zukunft wieder straffällig zu werden. Natürlich soll er auch für das begangene Unrecht bestraft werden, aber das vordergründige Ziel ist es, ihn in „die richtigen Bahnen“ zu lenken. Aus diesem Grund hat das Jugendstrafrecht viel mehr und vielfältigere Möglichkeiten zur Bestrafung als das Erwachsenenstrafrecht. Dazu gehören Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Jugendstrafen.
Jugendgerichte
Für Jugendliche, die gegen das Gesetz verstoßen und eine Straftat begehen, sind die Jugendgerichte zuständig. Bei diesen urteilen die Richter nach dem Jugendstrafrecht. Das bedeutet, sie richten sich bei der Beurteilung der Straftat und der Wahl der Strafe nach den Jugendstrafgesetzen und stellen den Erziehungsgedanken in den Vordergrund. In der Regel werden junge Täter, nicht direkt in das Gefängnis geschickt, sondern zuerst verwarnt und bestimmte Auflagen erteilt. Je nach Schwere des Falles kann ein Jugendgericht aber auch entscheiden, dass ein Jugendarrest verhängt wird. Es prüft immer, ob bei dem jungen Täter die Hoffnung besteht, dass er nicht erneut zum Straftäter wird.
Gerichtsverfahren vor dem Jugendgericht
Eine Besonderheit der Verfahren bzw. Verhandlungen vor dem Jugendgericht ist, dass sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Das heißt, im Gegensatz zu den „normalen“ Gerichtsverfahren sind bei den Verfahren mit junge Täter unter 18 keine Zuschauer erlaubt. Bei älteren Jugendlichen ist es hingegen erlaubt, dass Zuseher bei der Verhandlung dabei sind.
Die Strafen, die schließlich bei der Urteilsverkündung verhängt werden, werden im sogenannten Erziehungsregister eingetragen und gespeichert. Diese Registrierungen sind günstiger geregelt, als jene im Erwachsenenstrafrecht. So werden im zentralen Strafregister in Berlin im Wesentlichen nur rechtskräftige Verurteilungen zu Jugendstrafe und Nebenstrafen, wie zum Beispiel die Entziehung der Fahrerlaubnis, vermerkt. Entscheidet sich das Jugendgericht für eine Erziehungsmaßregelung oder ein Zuchtmittel, werden diese in einem gesonderten Erziehungsregister vermerkt. Auch bestimmte Einstellungen werden in das Erziehungsregister eingetragen. Auskünfte aus dem Erziehungsregister erhalten grundsätzlich nur die Straf- und Familiengerichte, die Staatsanwaltschaft, die Strafvollzugsbehörden und die Jugendämter.
Straftaten und jugendstrafrechtliche Folgen
Jugendtypische Straftaten werden in der Regel mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel bestraft. Wenn beim Betrachten einer Tat, deren Anlass bzw. Motiv der Eindruck entsteht, dass sie auf jugendlicher Unreife zurückzuführen ist, wird in der Regel auch von einer jugendtypischen Verfehlung ausgegangen. Solche Delikte können beispielsweise Streiche sein, aber auch Diebstähle und anderes strafbares Verhalten.
Im Fall einer einfachen Körperverletzung gibt es ebenfalls einen Spielraum hinsichtlich des Strafmaßes. Sowohl beim allgemeinen Strafrecht als auch beim Jugendstrafrecht kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren ausgesprochen werden. Bei einer gefährlichen Körperverletzung unterscheiden sich die beiden Strafrechte dagegen: Während Erwachsene mit einer Höchststrafe von zehn Jahren Freiheitsstrafe rechnen müssen, ist die Jugendstrafe auch hier auf maximal fünf Jahre begrenzt. Das gilt allerdings nur für Jugendliche: Heranwachsende können ebenfalls mit einer Höchststrafe von bis zu zehn Jahren bestraft werden.
Strafen und Sanktionen des Jugendstrafrechts:
- Erziehungsmaßregeln
- Zuchtmittel
- Jugendstrafe
- Gefängnisstrafe
Welche der möglichen Sanktion im Einzelfall verhängt wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Dabei ist gerade im Jugendstrafrecht wesentlich, wie sich der Jugendliche bzw. Heranwachsende nach der Straftat verhält. So spielt die Fragen, ob der junge Straftäter Reue zeigt und sich seiner Schuld bewusst ist eine wichtige Rolle. Aber auch der Versuch, eine Tat wieder gut zu machen und die Entschuldigung bei den Geschädigten fließen in die Entscheidung zum verhängten Strafmaß ein.
Erziehungsmaßregeln
Um straffällig gewordene Jugendliche wieder in die „richtige Richtung“ zu leiten und vor einer Zukunft als Straftäter zu bewahren gibt es als milderes Mittel Erziehungsmaßregeln. Das sind beispielsweise Weisungen, eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle anzunehmen, bestimmte Arbeitsleistungen zu erbringen oder an sozialen Kursen bzw. Trainings teilzunehmen. Eine solche Maßnahme kann aber auch verlangen, dass der junge Täter sich bemühen muss, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen oder den Kontakt mit bestimmten Personen und Besuche gewisser Gast- oder Vergnügungsstätten zu unterlassen.
Das Ziel dieser Maßnahmen ist es, dass jene Erziehungsmängel, die durch die Tat erkennbar gewordenen sind, zu beseitigen. Damit soll verhindert werden, dass der junge Täter erneut straffällig wird. Aus diesem Grund darf bei der Anordnung dieser Maßnahmen auch nur erzieherische Faktoren berücksichtigt werden. Vergeltung, Sühne und Schutz der Allgemeinheit werden in den Maßregeln nicht eingeschlossen.
Zuchtmittel
Reichen die Erziehungsmaßregeln nicht aus, können sogenannte Zuchtmittel zum Einsatz kommen. Dem Jugendstrafgesetz nach soll so dem Jugendlichen bewusst gemacht werden, dass er für das von ihm begangene Unrecht geradestehen muss. Diese können zum Beispiel sein:
- eine Verwarnung,
- die Erteilung von Auflagen
- die Zahlung einer Geldbuße
Aber auch der Jugendarrest ist eine Option: Dieser kann in Form eines Freizeitarrests, also für eine oder zwei Freizeiten, oder als Kurz- oder Dauerarrests verhängt werden. Der Dauerarrest umfasst dabei eine Dauer dabei mindestens eine, höchstens aber vier Wochen.
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- Zuverlässig
Letztes Mittel: Jugendstrafe
Das letzte Mittel aus Sicht des Jugendrichters ist die Jugendstrafe. Ist der Richter der Meinung, dass Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nicht ausreichen, um den Jugendlichen wieder auf die „rechte Bahn“ zu bringen, kann das Gericht Jugendstrafen verhängen. Das sind härtere Sanktionen als die beiden anderen Mittel, da sie einen Freiheitsentzug beinhalten. Diese „Strafzeit“ muss der Jugendliche bzw. Heranwachsende in einer bestimmten Einrichtung verbringen, die je nach Tat und Umstände vom Gericht ausgewählt wird.
Jugendstrafen werden für eine Dauer von mindestens sechs Monaten und maximal fünf Jahre verhängt. In Extremfällen kann sie aber auch ein Höchstmaß von zehn Jahren umfassen. Im Falle eines Mordes kann ein Heranwachsender aber auch zu maximal 15 Jahren Jugendstrafe verurteilt werden. Generell steht aber auch bei der dieser Möglichkeit zur Bestrafung der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Demnach wird die Jugendstrafe so bemessen, dass die nötige erzieherische Einwirkung möglich ist.
Wenn der Jugendrichter der Meinung ist, dass der Jugendliche die Verurteilung „zur Warnung dienen“ lässt und künftig auch ohne Gefängnisstrafe den „rechten Weg“ einschlagen und einen positiven Lebenswandel vollziehen wird, kann er die Jugendstrafe auch zur Bewährung aussetzen. Das Aussetzen einer Strafe zur Bewährung ist allerdings nur möglich, wenn die Jugendstrafe nicht mehr als ein Jahr betragen soll.
Gefängnisstrafen
Tatsächliche Gefängnisstrafen werden im Jugendstrafrecht nur in schweren Fällen verhängt, beispielsweise wenn der Täter immer wieder eines Diebstahls überführt wurde oder sogar einen Mord begangen hat. In diesen Fällen kann die Jugendstrafe auch ein Absitzen im Gefängnis bzw. der Jugendhaftanstalt vorsehen. Das Mindestmaß beträgt dabei sechs Monate, bei schweren Verbrechen muss der junge Straftäter mit bis zu zehn Jahren Gefängnisstrafe rechnen.
Wie kann ein Rechtsanwalt helfen?
Ein Rechtsanwalt, der sich auf das Jugendstrafrecht spezialisiert hat und bereits Erfahrung in diesem Bereich hat, kann dem Jugendlichen bzw. Heranwachsenden und den Eltern während des gesamten Verfahrens beraten und unterstützen. Er weiß, wie Sie am besten vorgehen, um mit einer möglichst milden Strafe aus der Verhandlung zu kommen. Gerade Eltern bzw. Familienmitglieder, machen sich häufig sorgen um die Zukunft ihrer Sprösslinge und sind verunsichert. Aber auch die jungen Täter selbst, leiden oft psychisch unter der Situation und haben gewisse Ängste, wie sie wieder aus ihrer schwierigen Lage herauskommen.
Rechtsanwälte, die in diesem Gebiet erfahren sind, wissen um diese besondere Belastung bescheid und haben in der Regel auch das Feingefühl, auf die Jugendlichen und deren Verwandte einzugehen. Dennoch sind die Juristen dazu in der Lage, den Ernst der Lage zu beurteilen und sachlich zu beraten, mit dem Ziel, je nach Tat möglichst mit einer milden Strafe oder strafähnlichen Maßnahme davonzukommen. Da der Rechtsanwalt über die verschiedenen Sanktionsmöglichkeiten bescheid weiß und auch die Besonderheiten des Jugendstrafrechts kennt, kann er die beste Verteidigungsstrategie für den individuellen Einzelfall finden und umsetzen.
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